Diese Lohntüte haben wir 2008 in einem der vielen Bücher, die früher im Gaswerk-Archiv im Portalgebäude waren, zufällig gefunden. Sie war als „Merker“ in ein Buch eingelegt. Wir sahen, dass es kein „normaler“ Merker war, sondern eben diese Lohntüte, die zwischen 1915 und 1919 am Ende der Arbeitswoche beim Pförtner an der Waage an der Gaswerkeinfahrt den Mitarbeitern ausgegeben wurde. Früher hatten die Leute selten ein Konto und daher wurde der Lohn in bar ausbezahlt. Später, als das Geld aufs Konto überwiesen wurde, gab es einmal im Monat etwas früher frei, damit man zur Bank gehen konnte, um den Lohn zu holen.
Die Frauen der Mitarbeitenden standen meist am Samstag nach der 6-Tage-Woche à 12 Stunden am Tor und nahmen sich das nötige Geld für die Familie aus der Tüte. Ein Rest blieb übrig. Dieser wurde meist für das Feierabend-Bier in der Gaststätte an der August-Wessels-Straße Ecke Gutermannstraße ausgegeben.
Neben dem Lohn gab es Zulagen z.B. für die Arbeit am heißen Ofen und für Überstunden. Abgezogen wurde das Geld für die Krankenkasse aber auch Strafgeld. Das ist uns von den Laternenwächtern bekannt, wenn z.B. die Gas-Straßenlaterne nicht sauber geputzt war. Auch wenn zu früh oder zu spät angezündet wurde oder es wenig Licht gab, wurde den Laternenwächtern Geld vom Lohn abgezogen. Ob es dieses Verfahren auch am Gaswerk gab, ist leider nicht überliefert.
Manche Strafen führten zur sofortigen Entlassung inkl. Kündigung der Werkswohnung. Im Gaswerk Augsburg galt das, wenn jemand vom Direktor beim Rauchen erwischt wurde. Denn, fast überall war das Rauchen auf dem Gelände strengstens verboten, worauf auch ein großes Schild am Eingang hingewiesen hat.