Wir haben erst vor kurzem ein wunderschönes Exponat für unser Museum bekommen.
Eine noch nie benutzte (also flammneue) Gasaufsatzleuchte aus der früheren DDR, sie stammt aus dem Besitz des ehemaligen Mitarbeiters H. Schulz, der ab 1978 bei der VEB Gasversorgung Abteilung Gasstrassenbeleuchtung Berlin gearbeitet hat. Etwas später wurde das Unternehmen zum VEB Energiekombinat Berlin, am 1. Mai 1990 wurde daraus die Berliner Erdgas AG, ab 1. Januar 1993 verschmolz die Berliner Erdgas AG mit der (West-Berliner) GASAG.
In Berlin/Ost konnten trotz massiver Kriegszerstörungen um 1950 schon rund 10.000 Gasleuchten wiederhergestellt werden. Das Material bestand aus Vorkriegsbeständen, darunter vor allem Gashängeleuchten mit unterschiedlichen Flammenzahlen, ehemalige Pressgasleuchten, sowie die sechseckige Berliner Modellleuchte, die sogenannte Schinkellaterne, meist zweiflammig. Vereinzelt verwendete man auch Gasaufsatzleuchten aus der Zeit vor 1945.
Nachdem ab 1957 Gasleuchten nicht mehr ausreichend zur Verfügung standen, begann man mit der Einführung einer vierflammigen Gasaufsatzleuchte der Firma VEB Leuchtenbau Leipzig, der „Leistner-Leuchte“. Das in der DDR produzierte Modell ging auf ein Vorbild aus den 1930er Jahren zurück, damaliger Hersteller Ehrich & Graetz. Im Unterschied zu dieser Vorkriegsvariante mit Metalldach verwendete man nun Bakelit für die Herstellung des Leuchtendaches. Mehrere Tausend dieser Leuchten wurden ab 1959/60 im Ostteil Berlins, aber auch in vielen anderen Städten der DDR eingesetzt. Dabei verwendete man neben den klassischen Bündelpfeilermasten zunehmend Lichtmaste aus Beton, da Stahl in der DDR nicht nur teuer, sondern Mangelware war. In Berlin/Ost standen 1960 etwa 26.800 Gasleuchten. Allerdings begann dort schon ab den frühen 1960er Jahren der schrittweise Abbau der Gasbeleuchtung. Zeitweise wurden Gaslaternen gegen Devisen z.B. in die Niederlande verkauft. Restbestände der „Leistner-Leuchte“ überlebten die Zeit der Wende 1989/90 und waren noch bis etwa 2010 im Osten Berlins zu finden.
Nach der Wende hatte die Abteilung Zugang zu den Staatsreserven, wovon die Mitarbeiter vorher natürlich nichts wussten.
Sie mussten damals in einer Grossaktion relativ zügig dieses ihnen völlig unbekannte Lager räumen. Diese riesigen Katakomben befanden sich mehrere Ebenen unter dem Alexanderplatz, sowie unter dem geschlossenen U-Bahnhof Jannowitzbrücke.
Ab Anfang der 80 er Jahre fuhr H. Schulz auch den Turmmontagewagen vom Typ Lo Robur welcher eine erhebliche Hilfe für die Lampenputzer die noch mit Leitern unterwegs waren war. Im Zuge der Umstellung von Stadtgas auf Erdgas ab 1979 in Ostberlin wurden bei alle Leuchten die Düsen getauscht.
So kam die Laterne erst mal in „gute Hände“ und fand nun den Weg zu uns ins Museum.
Am Auslass des Rohres für die Zündflamme sitzt noch ein Platinstück (siehe auch hier) – wurde auch Speckstein genannt – das bei Stadtgas das ausströmende Gas automatisch entzündet hat. So musste nach einer Gasunterbrechung nicht in jeder Gaslaterne die normal dauernd brennende Zündflamme wieder angezündet werden. Für ein optimales Flammbild konnte die Luftzufuhr an den Düsen auch reguliert werden. Gesteuert wurde das Modell mit einer Druckwelle (siehe auch hier).
Dank der Mithilfe vom Verein Progaslicht kam die Laterne auch heil in unserem Museum an. Vielen Dank nochmals!